99 Fire Films: Bester Film 2016: Nick Shades

„Chicago im Jahr 1950. Während die Stadt floriert wie nie zuvor, steigt auch die Verbrechensrate. Nick Shades – Ermittler, Spürnase, Draufgänger – kennt die Stadt wie seine Westentasche. Aber diesmal hat er sich vielleicht ein wenig zu weit gewagt…“

Zu einem vorgegebenen Thema, einen 99 Sekunden Film in 99 Stunden zu produzieren. Das ist die Kurzzusammenfassung vom 99 Fire Films Award. 2016 haben wir mit umbelichtet! den Award gewonnen und die Auszeichnung „Bester Film“ erhalten. Hier die Geschichte und ein paar hilfreiche Tipps dazu:

An einem kalten Januartag im Jahr 2016 saßen wir zusammen mit unserem kleinen Team in Konstanz vor dem Bildschirm und warteten auf die offizielle Email mit der Themenbekanntgabe. Nach mehrmaligem überprüfen der Internetverbindung und dem versenden von diversen „Test“ Emails, kam endlich eine Email mit dem Absender „99 Fire Film“. Das Thema von diesem Jahr war: „Hauptsache ihr habt Spaß“.

Tipp I: Das Thema

Lass dich nicht zu sehr vom Thema beeinflussen. Dein Film lebt von einer kreativen Idee.

Um ehrlich zu sein, löste dieses Thema zunächst nicht gerade Euphorie aus. Wir wussten nicht so richtig, was wir damit anfangen sollten. Rückwirkend kann man sagen, dass das Thema zwar im ersten Moment etwas nichtssagend erscheint, dafür aber jede Menge kreativen Spielraum lässt. Also haben wir uns dazu entschieden, genau diesen auch zu nutzen. Die ersten Ideen wurden hin- und hergeworfen. Schnell hatten wir eine grobe Richtung und Storyline. Für unsere Idee brauchten wir eine ganz besondere Location. Wir verbrachten also den Rest des Tages mit Locationscouting. Nach über 3 Stunden kamen wir etwas entmutigt wieder zurück in unseren warmen Meetingraum. Wir hatten keine passende Location gefunden. Die Fragezeichen, was die Umsetzbarkeit unserer Idee angeht, wurden immer größer. Schließlich entschieden wir uns die Idee über Board zu schmeißen, obwohl der Zeitdruck dadurch nochmal anstieg. Aufgrund von Terminproblemen war mit Daniel Chadalakian Kurz und Jonas Heinemeyer ein Teil unseres Teams noch im Stuttgarter Raum. Die beiden wussten nichts von unseren bisherigen Bemühungen. Wir verabredeten uns zu einem Skypemeeting, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Tipp II: Die Story

Die Story ist wichtig. Manchmal lohnt es sich aber einen Ansatz trotz des Zeitdrucks komplett zu verwerfen und von Null zu beginnen. Bei uns waren alle guten Dinge sogar drei.

Danny hatte die Zeit genutzt und war dabei parallel zu unserer ersten Idee ein eigenes Drehbuch zu entwickeln. Die Grundidee gefiel uns. Aber nach einigen Diskussionen war klar, dass wir auch diese nochmal überarbeiten müssen. Da alle guten Dinge drei sind, starteten wir so also mit einer weiteren Runde der Drehbuchentwicklung. Beim gemeinsamen Brainstormen warf jemand den Charakter „Nick Shades“ in den Ring. Einige aus dem Team hatten rund um diesen Charakter bereits ein Hörspiel geplant. Recht schnell war klar, dass alle von dieser Idee begeistert waren und wir einige Elemente aus der Hörspielidee übernehmen konnten. Kurze Zeit später stand die Idee für „Nick Shades: Entscheidung“.

Es bestand Einigkeit im Team, dass wir ein Film produzieren wollten der nicht die Kategorien „Weltuntergangsstimmung“, „Depri“ oder „künstlerisch Abstrakt“ fällt. Uns schien es so, dass diese Richtungen viel zu viele Filmeinreichungen beim 99 Fire Film verfolgen. Stattdessen war das Motto „Hauptsache ihr habt Spaß“ bei uns angesagt. Wir wollten einen hochwertigen Film einreichen, der sowohl handwerklich als auch Story technisch ein professionelles Niveau erreicht. Natürlich durfte die Pointe am Schluss nicht fehlen. Außerdem wollten wir auf jeden Fall die „noir“ Stimmung gut hinbekommen.

Danny und Jonas reisten also kurzer Hand nach Konstanz und verstärkten unser Team. Eine geeignete Location hatten wir diesmal in der Nähe und so begann die Drehvorbereitung: Drehbuch finalisieren, Requisiten organisieren, Set-Aufbau, Lichtstimmung kreieren, verzweifeltes googlen nach dem richtigen Rezept für Kunstblut etc…

Gecastet haben wir (aufgrund des Zeitmangels) hauptsächlich uns selbst. So wurde unser Sounddesigner zum „Tony the Boss“ und der Komponist schlüpfte in die Hauptrolle des Ermittlers „Nick Shades“. Für die Nebenrollen wurden die geeigneten Freunde aus dem Bett geklingelt, denn der Dreh fand nachts statt. Neben dem Zeitdruck war das Lichtsetup ein weiterer Grund für das Nachtshooting. Mit der Hilfe von 4 x 1000W Halogenscheinwerfern und einer waghalsigen Konstruktion auf dem Nachbardach gelang es uns so ein einzigartiges Laternenlicht zu kreieren, dass genau die Richtige Stimmung erzeugt. Zusammen mit der Nebelmaschine und weiteren Requisiten entstand das 1950er Jahre Feeling.

Tipp III: Der Dreh

Genießt den Dreh und nehmt euch genug Zeit für jede Einstellung. Keep it simple. Lieber eine perfekte Location, als drei Halbfertige!

Der Dreh war das Highlight des Projekts. Neben vielen verschieden Takes und Einstellungen, kalter Pizza, Energydrinks, Kaffee, Textversprechern und Continuity-Problemen, hatten wir vor allem eins: „Spaß“. Schon beim reviewen des Materials in den Pausen war uns klar, dass der Film richtig gut wird. Irgendwann in den frühen Morgenstunden war alles im Kasten und wir hatten uns eine sehr kurze Schlafpause verdient. Am nächsten Morgen kam es zur erwarteten Schlange an der Kaffeemaschine, bevor mit leerem Magen die Postproduktion für Bild und Ton begann. Die Devise beim 99 Fire Film Award heißt, so viele Schritte wie möglich parallel abzuarbeiten. Nur so hat man eine Chance, einen guten Film in 99 Sekunden zu produzieren. Nebenbei wurde also noch das Nötigste für die Schlussszene im Wohnzimmer organisiert. Hier stand nochmal ein Locationwechsel an und wir brauchten einen älteren Darsteller. Mit viel Telefoniererei und verzweifelten Socialmediaposts haben wir dann doch noch alles rechtzeitig organisiert bekommen. So war auch die Schlussszene im Kasten und der Fokus lag ganz beim Schnitt & Sounddesignen. Mit zwei Profi-Sounddesignern an Board entschieden wir uns kein Live-Ton von Set zu nehmen, sondern jedes Geräusch in der Postproduktion neu zu vertonen. Die passenden VFX-Effekte und das „noir colorgrading“ verliehen dem Video den letzten Schliff. Letztendlich haben wir es sogar geschafft das Video einige Stunden vor der Deadline einzureichen. (Wichtig: Vergesst nicht eure Upload-Geschwindigkeit mit einzuberechnen. Eine Einreichung kurz vor der Deadline könnte aus diesem Grund im letzten Moment scheitern!)

Technik Tipp

Auch hier gilt: Keep it simple – aber geil! Manchmal ist weniger halt doch mehr.

Gedreht wurde mit einer Blackmagic Production Camera in 4k mit einem Sigma Art 50 mm F1.4 DG HSM. Die meisten Shots entstanden vom Stativ, vereinzelt gab es auch mal Schulterkameraaufnahmen. Anstatt aufwendige Kamerafahrten zu planen und trendige Luftaufnahmen zu verbauen, haben wir es hier also recht simpel gehalten. So haben wir uns die Zeit genommen jede Szene aus unterschiedlichen Einstellungen zu drehen und haben so das passende Rohmaterial geschaffen. Wie sich im Schnitt herausstellte, war das für unsere dynamische noir Story genau die richtige Entscheidung. Manchmal ist weniger halt doch mehr.

In diesem Sinne wünschen wir allen zukünftigen 99 Fire Film Awards Teilnehmern viel Erfolg und hoffen ihr habt jede Menge Spaß. Selten hat uns ein Projekt so viel Spaß bereitet. So ist als Ergebnis etwas entstanden, dass weit mehr ist als die Addition der Einzelleistungen. Vielleicht, ist das ja auch das eigentliche Geheimrezept für eine erfolgreiche Filmeinreichung.