Wie viele Filmskills kann man in einer Woche lernen?
Genau diese Frage haben wir uns vor einer Weile auch gestellt. Bei uns war Matthias für eine Woche zu Gast und wollte etwas über Film lernen. Wir finden am Besten lernt man in der Praxis. Daher der Plan für die Woche: Montag: Theorie, Dienstag: Vorproduktion, Mittwoch: Dreh, Donnerstag & Freitag: Postproduktion (Bild und Ton).
Montag: Theorie
Wenn man nur einen Tag Zeit hat um ein bisschen über Filmtheorie zu erzählen, heißt es priorisieren. Die Leitfrage für uns war: Wie kann man mit einfachen Mitteln eine möglichst große Filmwirkung erzielen? Es lohnt sich nicht über Dollyfahrten, Drohnenaufnahmen, Gimbal- und Kranshots zu sprechen, wenn jemand noch nie eine richtige (Film-)Kamera in der Hand hatte. Das heißt zunächst ging es um absolute basic Kameraskills: Auf dem Tisch steht eine Black Magic Production Camera mit Sigma Art 18-35mm Objektiv. Lernen durch anfassen und ausprobieren ist die Devise. Was ist die Blende genau und welche Auswirkung hat diese auf Tiefenunschärfe und Helligkeit des Bildes? Als Objekt dient eine einfache Kaffeetasse auf dem Tisch. Erste Erkenntnisse:
- Bei f/16 ist der ganze Raum scharf, aber dunkel. Irgendwie wirkt das Bild nicht.
- Bei f/1,8 sieht sogar eine Ikeakaffeetasse auf einem weißen Konferenztisch mit unscharfem Hintergrund irgendwie gut aus. Das Bild ist nur etwas überbelichtet.
Anstatt also Stundenlang über den Zusammenhang von Blende und Tiefenunschärfe zu referieren, lernt Matthias durch ausprobieren. Geht es um eine Totale ist wahrscheinlich eine höhere Blendeneinstellung sinnvoll. Möchte man den Fokus des Zuschauers auf ein bestimmtes Objekt lenken, lässt sich das u.a. durch eine offene Blende mit wenig Tiefenunschärfe erzielen. Nach demselben Muster testen wir ISO-Einstellungen, verschiedene Brennweiten und sprechen kurz über shutter speed (Verschlusszeiten) bzw. shutter angle. Themen wie Histogramm, Weißabgleich, dynamik range, codecs usw. führen für einen ersten Einstieg zu weit. Hier muss sich Matthias einfach auf unsere Tipps verlassen. Wichtiger ist folgendes Thema:
Einstellungsgrößen
Viele Anfänger wollen direkt mit Gimbal oder Drohne drehen. Jedoch kann man mit einfachen Einstellungsgrößen oft eine bessere Wirkung erzielen: Totale, Halbtotale, Nahe usw. Eine Szene mit unterschiedlichen Einstellungen gibt Flexibilität beim Schnitt. Die Totale schafft den Überblick, während man in der Nahen Emotionen vermitteln kann und/oder die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Detail lenken kann. Anhand von kurzen Filmsequenzen und YouTube Beispielen können wir Matthias dies ganz gut vermitteln. Ein weiterer Vorteil: Hier braucht man nicht viel Equipment. Eine Kamera, ein Stativ und ein Blick für grobe Continuity reichen aus.
Licht: 3 point lighting (3 Punkt Beleuchtung)
Mit Lichtsetzung kann man viel bewirken. Das Konzept vom ausleuchten und dessen Wirkung ist vielen Anfängern und DSLR Filmern nicht bewusst. Das key light (Führungslicht) sorgt für die Grundbeleuchtung, das Fülllicht gleicht die Kontraste aus und reduziert unschöne Schatten im Gesicht. Ein Licht das oft vergessen wird, ist das backlight (Spitzlicht). Es sorgt für die Filmtypische Kontur und separiert das Hauptobjekt vom Hintergrund. Anhand von Beispiel Footage und einigen YouTube clips kann Matthias auch dieser Aspekt intuitiv vermittelt werden. Tag 1 ist damit überstanden.
Tag 2: Vorproduktion
Heute muss Matthias seinen Dreh planen. Zunächst gilt es eine Idee zu entwickeln. Dann folgt die Planung des Drehs. Folgende Punkte soll er sich ohne Input von uns überlegen:
- Kameraeinstellungen: vor allem Brennweite & Blende.
- Lichtplan: Positionen der Lichter, Lichtstimmung und Lichtfarben.
- Einstellungen: Welche Einstellungsgrößen sind sinnvoll?
Budgetplanung und die Erstellung eines Drehplans ersparen wir ihm an dieser Stelle.
Tag 3: Der Dreh
Heute heißt es alles aufbauen und einstellen. Matthias baut das Set und Equipment ohne unsere Hilfestellung auf. Sobald er fertig ist, gibt es Feedback und Tipps. Und dann ist es auch schon Zeit für den Dreh.
Tag 4 und 5: Die Postproduktion
Von unserem Cutter bekommt Matthias eine Einführung ins Schnittprogramm. Danach geht es selbst an den Rechner. Schnitt wäre, wie jeder dieser Tage, ein eigenes Thema für sich. An dieser Stelle kürzen wir jedoch ab. Matthias lernt was ein picture lock ist und es geht in die Abmischung vom Ton. Pünktlich zum Abschluss der Woche steht das Video. Zurück zur Ausgangsfrage: Wie viele Filmskills kann man in einer Woche erlernen? Die Antwort gibt’s hier im Video: